Nun gehören sie offiziell zum Immateriellen Kulturerbe in Bayern: Am Abend (18.7. / 18.30 Uhr) sind die Schwedenprozession in Kronach und das Neustadter Kinderfest in den Kulturerbe-Kreis aufgenommen worden. Heimatminister Füracker übergab die entsprechenden Urkunden in Nürnberg. Mit dem Immateriellen Kulturerbe würdigt die UNESCO besondere Traditionen, etwa Bräuche, Feste, Musik oder Handwerkstechniken. Es gibt ein bundes- und ein bayernweites Verzeichnis.
Weitere Informationen aus dem Heimatministerium zu allen Neuzugängen aus Nordbayern:
Neustadter Kinderfest
Das Neustadter Kinderfest findet jährlich an einem Samstag im Juli statt und hat sich aus einem früheren Gregoriusfest entwickelt. Im Zentrum des Kinderfests steht der von der örtlichen Schule organisierte Kinderumzug, bei dem die Schülerinnen und Schüler kostümiert durch die Straßen ziehen, begleitet von Musikkapellen und geschmückten Festwagen. Jede Klasse legt individuell ihr jährliches Leitthema fest und führt es im Rahmen des Festzuges auf. Im Anschluss an den Umzug finden Sport- und Freiübungen, Spiele wie auch der traditionelle Neustadter „Rutscher“-Tanz statt, der schon im 19. Jahrhundert für Kinder adaptiert wurde.
Goldschlägerhandwerk in Schwabach
Beim Goldschlagen werden kleine Metallplättchen durch intensive Bearbeitung mittels unzähliger Hammerschläge zu extrem dünnen Goldblättchen, dem Blattgold, verarbeitet. In Deutschland existiert das Goldschlägerhandwerk nur noch in der mittelfränkischen Stadt Schwabach, die seit dem 16. / 17. Jahrhundert für ihre Goldschläger- und Blattgoldarbeiten berühmt ist. Blattgold aus Schwabach wird auch heute noch weltweit exportiert. Die Blättchen aus Gold und verschiedenen Legierungen werden vorwiegend beim Vergolden weiterverarbeitet, finden aber auch bei Lebensmitteln Verwendung.
Gelübdefeiertag St. Sebastian in Grafenwöhr
Der Gelübdefeiertag in Grafenwöhr geht seit 1731 auf den Seuchen- und Pestheiligen Sankt Sebastian zurück, der nach seiner Anrufung die Stadt von der Pest befreit haben soll. Der Feiertag wird bis heute jedes Jahr am 20. Januar mit Kirchenzug, Gottesdienst und anschließenden Feierlichkeiten begangen. Ein Großteil der Bevölkerung beteiligt sich, darunter auch Vertreter des nahegelegenen Truppenübungsplatzes. Zu den besonderen Festspeisen zählen die Sebastianpfeile, ein spezielles Hefegebäck, das in der sonderpädagogischen Berufsschule hergestellt wird.
Treideln auf dem Ludwig-Donau-Main-Kanal (Gutes Praxisbeispiel)
Die Tradition des Treidelns, also das Ziehen eines Schiffes durch ein am Ufer laufendes Pferd, geht am Ludwig-Donau-Main-Kanal von Kelheim bis Bamberg in dessen Entstehungszeit in die 1840er Jahre zurück. Nach Aufgabe des Kanals als offizielle Wasserstraße 1950 wurde das Treideln allmählich aufgegeben und 1996 zunächst im oberpfälzischen Landkreis Neumarkt und dann im mittelfränkischen Landkreis Nürnberg Land wiederbelebt. Die touristische Nutzung des Treidelns und die Weitergabe von Wissen und Können zu der alten Handwerkstechnik sind mittlerweile einmalig in Deutschland.
Kunigundenfest in Lauf an der Pegnitz
Das Kunigundenfest ist ein seit dem 17. Jahrhundert belegtes Schul- und Kinderfest in der Stadt Lauf an der Pegnitz, das jährlich im Juli gefeiert wird. Anlass ist die Weihe der Kunigundenkapelle auf dem nördlich der Stadt gelegenen Kunigundenberg. In einem Festzug, zu dem neben geschmückten Festwagen und Musikkapellen die von einer Schülerin dargestellte Kaiserin Kunigunde gehört, ziehen die Schulkinder der städtischen Schulen auf den Berg. Dort folgt ein Festprogramm mit Tanz-, Musik- und Theatereinlagen. Umrahmt wird das Geschehen von einem fünftägigen Kirchweihfestbetrieb.
Kronacher Schwedenprozession
Die „Schwedenprozession“ in Kronach geht auf eine Dankprozession für das glückliche Ende einer Belagerung durch schwedische Truppen im Dreißigjährigen Krieg zurück. Die seit 1632 alljährlich begangene, seit den 1970er Jahren ökumenische Prozession führt am Sonntag nach Fronleichnam von der Stadtpfarrkirche zur Festung Rosenberg und wieder zurück. Nach der Prozession gibt es einen festlichen Ausklang. Früher beteiligten sich daran Zünfte und das Bürgermilitär, heute sind es Vereine, städtische Institutionen und historische Gruppen. Eine besondere Rolle bei der Dankesprozession kommt bis heute den Frauen zu, da die letzte Belagerung der Stadt nur durch ihre Hilfe abgewehrt werden konnte.
Evangelischer Hochzeitszug aus der ehemaligen Grafschaft Wertheim (Gutes Praxisbeispiel)
Die öffentliche Inszenierung eines evangelischen Hochzeitszuges aus der ehemaligen Grafschaft Wertheim durch den Gesang- und Trachtenverein Glasofen e.V. soll das Wissen über lokale historische Hochzeitsbräuche und Trachten aus der Zeit um 1890/1900 sowie die mit ihnen verbundenen handwerklichen Fähigkeiten vermitteln. Aufführungen finden bei festlichen Gelegenheiten vor Ort und in der Umgebung statt, aber auch bei Ereignissen wie dem Trachten- und Schützenzug des Münchner Oktoberfests. Die kontinuierliche Brauch- und Trachtenpflege begann 1951 mit der Gründung einer Trachtengruppe durch einen örtlichen Lehrer. Neben den Umzügen stehen die Bewahrung und Nachbildung der historischen Kleidungsstücke, Kenntnisse um deren angemessene Verwendung und das teilweise sehr komplizierte Ankleiden im Fokus der Erhaltungsbemühungen.
Schweinfurter Schlachtschüssel
Die „Schweinfurter Schlachtschüssel“ ist ein von September bis April praktiziertes gesellschaftliches und kulinarisches Ritual, das sowohl in der Gastronomie wie auch in Vereinen oder in privaten Gesellschaften seit Mitte des 19. Jahrhunderts angeboten wird. An einem Essen sind üblicherweise zwischen 30 und 150 Personen beteiligt. Hierbei wird das Fleisch nicht einzeln portioniert, sondern in ritualisierter Form tischweise gereicht. Zudem ist das Schlachtschüsselessen mit einem Unterhaltungsprogramm verbunden, bei dem die Gäste zum Mitsingen und Dichten aufgefordert werden.
Kirwa im Amberg-Sulzbacher Land (Gutes Praxisbeispiel)
In etwa einhundert Ortschaften im Landkreis Amberg-Sulzbach wird jährlich Kirwa (Kirchweih) als lokales Fest gefeiert. Die öffentlichen Feste dauern üblicherweise drei Tage, die Hauptelemente – darunter die Errichtung des Kirwabaums – sind ähnlich, jedoch gibt es lokale und regionale Besonderheiten. Im Zentrum der Organisation stehen meist Gruppen von Jugendlichen und unverheirateten jungen Erwachsenen. Eine wichtige Rolle für deren Ausgestaltung spielt der im Landkreis institutionalisierte „Kreisheimatpfleger für die Kirwa“. Er regte verschiedene Elemente, Gestaltungen und Abläufe an, die von den Trägergruppen übernommen und weitergeführt wurden. Wissen und Können werden innerhalb der Gemeinschaften sowie mit Unterstützung der Heimatpflege weitergegeben.
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