Regierungsbildung

Bündnis von CDU, BSW und SPD in Sachsen gescheitert

06. November 2024 , 19:27 Uhr

Die angestrebte Dreier-Koalition in Dresden ist Geschichte - noch bevor es zu Koalitionsverhandlungen kommt. Welche Rolle spielte Sahra Wagenknecht?

Der Plan einer Dreier-Koalition in Sachsen ist geplatzt: Die Sondierung von CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD wurde ergebnislos abgebrochen. Man habe sich bei der Friedensformel, der Migrationspolitik und dem Thema Finanzen nicht einigen können, teilte das BSW als erster der potenziellen Partner mit. Danach folgten gegenseitige Schuldzuweisungen. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und SPD-Chef Henning Homann gaben BSW-Namensgeberin Sahra Wagenknecht die Schuld.

Kretschmer sprach von einer großen Enttäuschung. Der Abbruch der Sondierung sei überraschend gekommen. «Dass Frau Wagenknecht ihren sächsischen Leuten so die Beine stellt, ist keine gute Entwicklung. Es zeigt aber, wie die Situation in dieser Partei ist. Ich finde das sehr, sehr schade», sagte Kretschmer. Er habe eine stabile Regierung mit einer breiten Basis bilden wollen. Nun werde man in den kommenden Tagen in den Gremien beraten, wie es weitergeht. Man brauche erst einmal eine Denkpause über das Wochenende hinaus. 

Auch SPD-Chef Henning Homann ging davon aus, dass das Ende der Sondierung eine «von höchster Ebene vorbereitete Aktion» gewesen sei. Es habe keine Vorzeichen gegeben. Die Gespräche in den Arbeitsgruppen seien so konstruktiv gewesen, sodass selbst die BSW-Mitglieder verwundert über den Abbruch waren, gab Homann zu Protokoll. 

Die BSW-Vorsitzende Sabine Zimmermann stellte klar, dass die Entscheidung zum Ende der Verhandlungen in Dresden fiel – auch wenn man so wie andere Parteien Positionen grundsätzlich mit der Bundespartei abgestimmt habe. Wagenknecht selbst sei erst nach dem Ende der Sondierung über die Entscheidung informiert worden.

BSW-Gründerin Wagenknecht sieht die Schuld viel eher bei den anderen Parteien: «CDU und SPD haben leider das Wahlergebnis nicht verstanden», sagte sie der «Süddeutschen Zeitung». «Das BSW ist nicht die letzte Machtreserve für ein Weiter-so, sondern dafür gewählt worden, echte Veränderung in einer soliden Regierung zu ermöglichen. Wenn diese Ziele an der Blockade der anderen Parteien scheitern, ist unser Platz in der Opposition.»

Bekommt Sachsen nun eine Minderheitsregierung?

Nach Lage der Dinge läuft es in Sachsen nun auf eine Minderheitsregierung hinaus. Kretschmer hatte sich wiederholt dagegen ausgesprochen. Bei einer solchen Regierung sei man jeden Tag in Verhandlungen, das binde unglaublich viel Kraft, hatte er stets argumentiert. Zuletzt war er aber auch von stark konservativen Kräften innerhalb der sächsischen Union dazu gedrängt worden, eine solche Variante zu wählen – für die erfolgsverwöhnte CDU, die Sachsen lange allein regiert hatte, eine Herausforderung. 

Bei der Landtagswahl am 1. September war die CDU in Sachsen mit 31,9 Prozent der Stimmen stärkste Kraft vor der AfD (30,6 Prozent) geworden. Da die Union ein Bündnis mit der AfD und auch mit den Linken kategorisch ausschloss, kam für eine Mehrheitsregierung nur ein Bündnis von CDU, BSW und SPD infrage. Für eine Fortsetzung der bisherigen Koalition von CDU, Grünen und SPD reichte es nicht.

Kretschmer schließt Zusammenarbeit mit AfD weiter kategorisch aus

Kretschmer wurde nun gefragt, ob nach dem Scheitern der sogenannten Brombeer-Koalition nun die Grünen und die Linken als Gesprächspartner in Frage kämen. Der Regierungschef hielt das aber für wenig realistisch. Es müsse so zügig wie möglich eine neue Staatsregierung geben, sagte er. Eine Zusammenarbeit mit der AfD schloss er erneut aus. Spekulationen darüber hatte ein vertrauliches Gespräch Kretschmers mit AfD-Parteichef Jörg Urban am Dienstag ausgelöst. 

Kretschmer sprach einen Tag danach von einem gewöhnlichen Vorgang. Wenn ihn ein Mitglied des Sächsischen Landtages um ein Gespräch bitte, dann tue er das. Er führe schon seit Jahren jeden Tag auf Neue einen Kampf für Demokratie, gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegen Rechtsextremismus, machte Kretschmer noch einmal deutlich.

Die Grünen im Landtag schauen nüchtern auf das Scheitern der Sondierungen: «Der Ministerpräsident trägt mit seinem Agieren die Hauptverantwortung für die aktuelle politische Situation im Land. Es ist an ihm, nun eine Lösung für diesen Schlamassel zu finden. Ich sehe uns da jetzt nicht in einer proaktiven Rolle», sagte die Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert der Deutschen Presse-Agentur. Kretschmer habe bei jeder Gelegenheit betont, mit den Bündnisgrünen nicht mehr zusammenarbeiten zu wollen.

BSW will konstruktive Oppositionsarbeit leisten

BSW-Chefin Sabine Zimmermann stellte klar, dass ihre Partei auch in der Opposition mit der CDU und der SPD im Gespräch bleiben wolle. «Da werden wir sehen, was wir mitgestalten können.» Ob das BSW eine CDU-geführte Minderheitsregierung unterstützen werde, ließ sie genauso offen wie die Frage, ob man Kretschmer bei der Wahl zum Ministerpräsidenten unterstütze. «Die Frage werden wir dann beantworten, wenn es soweit ist.» 

Zimmermann warf den potenziellen Koalitionspartnern vor, einem Bekenntnis zum Frieden nicht zustimmen zu wollen: «Wer so Politik macht, verliert die Menschen im Land», erklärte die Landesvorsitzende. «Dieser furchtbare und völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands in der Ukraine beunruhigt so viele auch bei uns in Sachsen, dass eine neue Landesregierung diese Sorgen und Ängste aufgreifen muss. Wer das nicht tut, verschließt Augen und Ohren.» 

Sondierung von Beginn an schwierig

Die Sondierungen hatten sich von Beginn an schwierig gestaltet. Am 25. Oktober wurde sie auf Betreiben der SPD unterbrochen, nachdem ein Großteil der BSW-Abgeordneten im Landtag für den AfD-Antrag auf einen Corona-Untersuchungsauschuss gestimmt hatten. Für das BSW war das aber genau wie das Thema Frieden eine Frage der Glaubwürdigkeit. 

Laut Verfassung muss der sächsische Ministerpräsident innerhalb von vier Monaten nach Konstituierung des neuen Landtags gewählt werden. Die Frist läuft Anfang Februar 2025 aus. Andernfalls ist das Parlament aufzulösen und eine Neuwahl steht an.

Quelle: dpa

 

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