Bundesrat

Bundesrat segnet Steuerentlastung und Deutschlandticket ab

20. Dezember 2024 , 16:52 Uhr

Kann in Berlin nach dem Ampel-Crash überhaupt noch Politik gemacht werden? Es geht. Das zeigt die letzte Sitzung des Bundesrates in diesem Jahr. Diese beginnt mit einem Moment des Gedenkens.

Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung des Jahres mehrere erst kurz zuvor vom Bundestag beschlossene Gesetze abgesegnet. So kann nun zum Beispiel zum Jahresanfang das Kindergeld steigen. Auch die Steuerentlastung für Bürgerinnen und Bürger kommt. Dem steht eine Belastung durch einen steigenden Pflegebeitrag gegenüber. Finanziell abgesichert für das kommenden Jahr ist das Deutschlandticket für den Nahverkehr.

Mehr Kindergeld und weniger Steuern

Ab Jahresbeginn steigt das Kindergeld um fünf Euro auf 255 Euro im Monat. Für den Staat bedeutet das laut Bundesfinanzministerium Kosten von rund 790 Millionen Euro. Ein ebenfalls beschlossenes weiteres Kindergeld-Plus um vier Euro im Jahr 2026 kostet noch einmal rund 635 Millionen Euro. Der steuerliche Kinderfreibetrag wird zum Januar um 60 Euro auf 6.672 Euro angehoben. Im Jahr 2026 steigt er um weitere 156 Euro auf 6.828 Euro. Der Kindersofortzuschlag für Familien mit geringem Einkommen steigt ab Januar um fünf Euro auf 25 Euro monatlich.

Eine steuerliche Entlastung gibt es für die Bürgerinnen und Bürger. Ohne die beschlossene Reform müssten sie durch den ansteigenden Steuertarif ab Januar auch dann mehr an den Fiskus zahlen, wenn ihre Gehaltserhöhung nur die Inflation ausgleicht. Diesen Effekt nennt man kalte Progression. Um das zu verhindern, werden mehrere Eckwerte im Steuertarif so verschoben, dass höhere Steuersätze erst später greifen.

Deutschlandticket für ein Jahr gesichert

Zumindest für 2025 steht die Finanzierung des Deutschlandtickets für den Nahverkehr. Allerdings steigt der monatliche Preis für die rund 13 Millionen Nutzer von derzeit 49 Euro auf dann 58 Euro. Nach dem Bundestag stimmte auch der Bundesrat einer Änderung des Regionalisierungsgesetzes zu. Im Kern geht es um die Übertragbarkeit von Restmitteln aus staatlichen Zuschüssen auf Folgejahre. Wie es langfristig mit dem Ticket weitergeht, ist aber vor allem wegen Finanzierungsfragen offen. 

Bundesverfassungsgericht besser abgesichert 

Das Bundesverfassungsgericht ist künftig besser gegen demokratiefeindliche Kräfte geschützt. Zentrale Vorgaben zur Struktur und Arbeitsweise des Gerichts sind nun im Grundgesetz festgeschrieben, so dass sie nur noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit zu ändern sind. Bislang waren diese Regeln in einfachen Gesetzen festgeschrieben, die auch mit einfachen Mehrheiten zu ändern waren. 

Im Grundgesetz ist nun verankert, dass das Gericht 16 Richter und zwei Senate hat, dass die Amtszeit der Richterinnen und Richter zwölf Jahre beträgt und eine Wiederwahl nicht möglich ist. Damit die Arbeitsfähigkeit des Gerichts in keinem Fall gefährdet ist, wurde festgelegt, dass Richter die Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterführen. Und es wurde ein Verfahren für den Fall festgeschrieben, dass in Bundestag oder Bundesrat politische Kräfte eine Sperrminorität gegen die Wahl neuer Richter haben und diese für eine Blockade des Gerichts missbrauchen wollen. 

Pflegebeitrag steigt

Die Pflegeversicherung wird wegen steigender Milliardenkosten im neuen Jahr erneut teurer. Der Beitrag steigt um 0,2 Prozentpunkte. Der Bundesrat stimmte der entsprechenden Verordnung der Bundesregierung zu. Zuletzt war der Pflegebeitrag im Sommer 2023 erhöht worden.

Die konkrete Beitragshöhe hängt von der Zahl der Kinder ab. Für Versicherte mit einem Kind sind es künftig 3,6 Prozent des Bruttolohns, für Menschen ohne Kinder steigt der Beitrag auf 4,2 Prozent. Mit zwei Kindern liegt der Beitrag dann bei 3,35 Prozent, mit drei Kindern bei 3,1 Prozent, mit vier Kindern bei 2,85 Prozent und mit fünf und mehr Kindern bei 2,6 Prozent. Darin enthalten ist jeweils ein Arbeitgeberanteil von 1,8 Prozent.

Elektronische Fußfessel bei häuslicher Gewalt

Zum besseren Schutz der Opfer häuslicher Gewalt wollen die Länder die Täter künftig mit Hilfe elektronischer Fußfesseln überwachen lassen. Eine entsprechende Initiative des Landes Hessen erhielt eine Mehrheit. Maßnahmen wie Kontaktsperren und Näherungsverbote wirkten nicht effektiv genug, hieß es zur Begründung. Der Bundesrat forderte die Bundesregierung auf, dazu zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen.

Integration von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt

Der Bundesrat beschloss auf Initiative des Landes Bayern einen Gesetzentwurf zur frühen Integration von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt. Er sieht vor, dass jedem Ausländer während eines laufenden Asylverfahrens nach drei Monaten die Aufnahme einer Arbeit erlaubt werden kann. Bisher geht das nur für Asylbewerber, die nicht verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. In einer Einrichtung Wohnenden wird die Arbeitsaufnahme frühestens nach sechs Monaten gestattet. Der Gesetzentwurf wird nun in den Bundestag eingebracht.

Hilfe für angeschlagene Autoindustrie

Die Länder wollen erreichen, dass der EU-Beschluss, ab 2035 keine Neuwagen mit Benzin- oder Dieselmotor mehr zuzulassen, nicht erst 2026, sondern schon 2025 überprüft wird. Die auf Initiative des Saarlandes gefasste Entschließung will bewirken, dass der Wandel hin zu nachhaltigen Antriebstechnologien in Europa und Deutschland nicht zum Verlust von Arbeitsplätzen und Marktanteilen führt. Die Entschließung wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die dann entscheiden muss, ob sie sich damit befasst oder nicht. 

Bundesrat gedenkt ermordeter Sinti und Roma

Zum Auftakt der Sitzung gedachte die Länderkammer der von den Nationalsozialisten ermordeten Sinti, Roma und Jenischen. Europaweit seien 500.000 von ihnen dem verbrecherischen NS-Regime zum Opfer gefallen und in Vernichtungslagern ermordet worden, sagte Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger. «Heute stehen wir hier, um diesen Menschen zu gedenken und um damit dazu beizutragen, dass ihr Leid nie vergessen wird.»

Die SPD-Politikerin betonte: «Unser aller Aufgabe ist, dafür Sorge zu tragen, dass Rassismus und Diskriminierung niemals wieder eine Chance haben.» Heute seien rund 70.000 Roma und Sinti in Deutschland heimisch.

Quelle: dpa

 

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